Erstattungsfähigkeit von Vermessungskosten

Nur zu erstatten, wenn vorgenommen

23.12.2009 | Autor: Autorechtaktuell.de

Vermessungskosten einer Zweiradvermessung sind Teil des Schadenfeststellungsaufwandes und nicht des Reparaturaufwandes. Das geht aus einem Urteil des LG Hamburg vom 20. November 2009 (AZ: 306 S 79/09) hervor.

Mit notwendigen Vermessungskosten hätten die Instandsetzungskosten oberhalb von 130 % gelegen, so dass der Anspruchsteller die Auffassung vertrat, dass die Vermessungskosten nicht Bestandteil der Reparaturkosten sind, sondern Bestandteil der Schadenfeststellungskosten, wodurch die Reparatur im Rahmen der 130 %-Grenze wieder möglich gewesen wäre.

Nur auf den ersten Blick hat die Entscheidung Bedeutung ausschließlich für die Fälle der 130 %-Grenze. Regelmäßig tauchen Vermessungskosten auch als Streitposition bei fiktiver Abrechnung auf.

Mit der nachvollziehbaren, aber noch nicht rechtskräftigen Entscheidung des LG Hamburg wäre zumindest geklärt, dass Vermessungskosten nur zu erstatten sind, wenn eine Vermessung im Rahmen der Feststellung auch vorgenommen wird.

Dies bedeutet jedoch auch, dass eine zweite Vermessung nach Durchführung der Reparatur den Reparaturkosten zuzurechnen wäre und damit im Sinne der erforderlichen Reparaturkosten auch bei fiktiver Abrechnung zu erstatten wäre.

Aus der Urteilsbegründung:

… Andererseits ist Zweck einer den Reparaturarbeiten im engeren Sinne vorangehenden und nicht deren Kontrolle dienenden Vermessung gerade auch, den Schadensumfang vollständig zu ermitteln und damit die Grundlage für eine möglichst verlässliche Reparaturkalkulation zu schaffen. Besteht angesichts der Art des Unfalls und in Anbetracht der sichtbaren Schäden für den Sachverständigen Anlass, eine Vermessung zur weiteren Aufklärung für geboten zu erachten (ohne einen solchen Anlass wäre die Vermessung nicht erforderlich; die Vermessungskosten wären weder als Reparatur- noch als Schadensermittlungsaufwand erstattungsfähig), gehört die Vermessung zu seinen Aufgaben. Er kann sie, sofern er über die nötige technische Ausrüstung verfügt, selbst durchführen und seinem Auftraggeber, dem Geschädigten, in Rechnung stellen oder von einer von ihm als Subunternehmer eingeschalteten Werkstatt durchführen lassen und die dadurch ihm entstehenden Kosten als Auslagen in seine Rechnung aufnehmen. In beiden Fällen wäre die Position „Vermessungskosten“ als Teil der Gutachterkosten vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer zu erstatten. Die Reparaturkostenrechnung der Kfz-Werkstatt bliebe von diesen Vermessungskosten unbelastet. Wählt der Sachverständige, der selbst nicht über die technische Ausrüstung für eine Vermessung verfügt und der es vermeiden möchte, als Auftraggeber einer mit der Vermessung betrauten Werkstatt aufzutreten und dann ggfs. hinsichtlich der Vermessungskosten in Vorlage treten zu müssen, dagegen den Weg, die Vermessung in seine Schadenkalkulation aufzunehmen und auf diese Weise der Kfz-Werkstatt zu übertragen, hat sich dadurch in der Sache nichts geändert. Geändert haben sich letztlich nur die Abrechnungsmodalitäten dahingehend, dass der Sachverständige in Bezug auf die Kosten der ihm zur ordnungsgemäßen Schadenermittlung obliegenden Vermessung keine eigene Verbindlichkeit eingeht.

Vor diesem Hintergrund kann es im vorliegenden Fall letztlich dahinstehen! ob es sich bei der (Rahmen-) Vermessung auch um Reparatur oder jedenfalls um eine der Reparatur gleichzustellende Maßnahme handelt. Da es nur von in eigenem Interesse angestellten wirtschaftlichen Überlegungen des Sachverständigen abhängt, wo er die Kosten einer auch zur Schadenermittlung erforderlichen Vermessung „verbucht“ sehen möchte, gibt es jedenfalls keinen sachlichen Grund, diese Vermessungskosten bei der Gegenüberstellung des Reparaturaufwandes und des um 30% erhöhten Wiederbeschaffungswertes zu berücksichtigen; sie haben in diesem Zusammenhang außer Betracht zu bleiben. …

 

Auszug aus den Mitteilungen der “Pressestelle des Bundesgerichtshofes” vom April 2006:

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 57/2006

Vergütung von Kraftfahrzeug-Sachverständigen

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in zwei Fällen über die Frage zu entscheiden, welche Vergütung Kraftfahrzeug-Sachverständigen für die Erstellung von Gutachten über Kraftfahrzeugschäden gegenüber ihren Auftraggebern zusteht. Da in beiden Fällen eine bestimmte Vergütung bei Auftragserteilung nicht vereinbart worden war, eine Taxe im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB nicht besteht und eine übliche Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB nach Auffassung der Berufungsgerichte nicht feststellbar gewesen sein soll, waren diese davon ausgegangen, dass die Sachverständigen nach §§ 316, 315 BGB berechtigt gewesen seien, die Höhe der ihnen zustehenden Vergütung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Landgericht Berlin war davon ausgegangen, die Bemessung der Vergütung nach der in dem Gutachten festgestellten Schadenshöhe entspreche billigem Ermessen (Urt. v. 8.4.2005, 56 S 121/04); das Landgericht Traunstein hat die Auffassung vertreten, eine solche Art der Berechnung der Vergütung sei unbillig, der Sachverständige habe vielmehr die Höhe seiner Vergütung nach dem Zeitaufwand für das Gutachten zu bemessen (Urt. v. 29.7.2005 – 5 S 2896/04).

In beiden Fällen führte die Revision zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht. Der Senat hat entschieden, dass es sich bei dem Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über einen Kraftfahrzeugunfallschaden um einen Werkvertrag handelt. Danach schuldet der Auftraggeber, wenn eine Vergütung nicht vereinbart ist und eine Taxe nicht besteht, die übliche Vergütung. Die Feststellung, welche Vergütung üblich ist, ist nicht schon dann nicht möglich, wenn sich kein genauer Betrag ermitteln lässt, der üblicherweise für vergleichbare Leistungen gefordert und bezahlt wird. Vielmehr kann eine im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB übliche Vergütung auch dann bestehen, wenn sich feststellen lässt, dass für vergleichbare Leistungen Vergütungen innerhalb einer bestimmten, begrenzten Bandbreite gefordert und bezahlt werden, so dass das Gericht innerhalb dieser Bandbreite üblicherweise verlangter und bezahlter Beträge einen regelmäßig angemessenen Betrag ermitteln kann. Die für eine solche Ermittlung der üblichen Vergütung erforderlichen Feststellungen haben die Berufungsgerichte nicht in dem gebotenen Umfang getroffen.

Nur für den Fall, dass sich auch unter Beachtung der Vorgaben der Revisionsurteile für die neue Verhandlung und Entscheidung eine übliche Vergütung nicht feststellen lassen sollte, hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Sachverständige die Vergütung nach billigem Ermessen bestimmen kann. Wenn er dabei für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, überschreitet er die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht.

Urteile vom 4. April 2006 – X ZR 80/05 und X ZR 122/05

AG Tempelhof-Kreuzberg – 5 C 341/04 – Entscheidung vom 17.11.2004 ./. LG Berlin – 56 S 121/04 – Entscheidung vom 08.04.2005

und

AG Mühldorf a. Inn – 2 C 1190/03 – Entscheidung vom 15.04.2004 ./. LG Traunstein – 5 S 2896/04 – Entscheidung vom 29.07.2005;

Karlsruhe, den 4. April 2006

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